Rechtspfleger lehnt die Ermächtigung von Vereinsmitgliedern zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aus Zeitgründen ab

Nachdem der Vorstand des Hannoverschen Sportvereins v. 1896 e.V. die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung rechtsirrig abgelehnt und keine Versammlung einberufen hatte, wendeten sich die drei Initiatoren satzungskonform an den Ehrenrat und an das für Vereinsregisterangelegenheiten zuständige Amtsgericht Hannover. Letzteres hat die Selbsteinberufung aus zeitlichen Gründen abgelehnt.

Was ist nicht geschehen?

Der Verein wurde nicht verklagt! Nicht von den mehr als 1300 Mitgliedern, die am 1. November 2018 den Antrag beim Vorstand gestellt hatten. Nicht von den drei Mitgliedern, die dieses größte Mitgliederbegehren in der Geschichte des Vereins am 30. August 2018 initiiert hatten. Und auch nicht von Pro Verein 1896. Daher hat auch niemand eine Klage beim Amtsgericht verloren. Es gab ja keine. Vor allem hat das Amtsgericht keine Vorstandsentscheidung bestätigt – ganz im Gegenteil.

Was ist also geschehen?

Der Vorstand hatte sich nach dem 1. November 2018 knapp fünf Wochen Zeit gelassen, bis er schließlich am 3. Dezember 2018 in einer Pressemitteilung 1271 Unterschriften als gültig anerkannte. Damit war die von der Satzung für ein solches Mitgliederbegehren geforderte Zahl (Quorum) über viereinhalb Monate vor der zwischenzeitlich auf den 23. März 2019 vorgezogenen ordentlichen Mitgliederversammlung weit übertroffen worden. Dennoch hatte der Vorstand die Einberufung der außerordentlichen Mitgliederversammlung satzungswidrig verweigert und zur Begründung nur argumentative Nebelkerzen verbreitet, denen das Gericht im aktuellen Beschluss denn auch jegliche Anerkennung versagt hat.

Daraufhin hatten sich die drei Initiatoren satzungskonform umgehend an den Ehrenrat gewandt und, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben bei dem für Vereinsregisterangelegenheiten zuständigen Amtsgericht Hannover einen Antrag auf die Ermächtigung der Antragsteller zur Selbsteinberufung der Mitgliederversammlung – anstelle des pflichtschuldigen Vorstands – gestellt.

Nach einer sechswöchigen Prüfung lehnte der zuständige Rechtspfleger diesen Antrag nunmehr, unter Erteilung einer Auflage für den Vorstand, aus Zeitgründen ab. Würde die Mitgliederversammlung heute, unter Wahrung der satzungsgemäßen Einladungsfrist von vier Wochen, einberufen werden, würde die Versammlung nur etwa vier Wochen vor der vom Vorstand anberaumten ordentlichen Mitgliederversammlung stattfinden. Dies erschien dem Rechtspfleger jetzt zu knapp.

Zur Erinnerung: Von der Abgabe des Antrags beim Vorstand am 1. November 2018 bis zur Entscheidung des Rechtspflegers strichen zwei Monate und drei Wochen ins Land. Mit einer zeitlich angemessenen Prüfungsdauer von einer Woche hätte der Vorstand die Versammlung noch vor Weihnachten abhalten lassen können.

Auflage für den Vorstand

Bei seiner Entscheidung hat sich der Rechtspfleger auch auf die Versicherung des Vorstands verlassen, dass die mit der außerordentlichen Mitgliederversammlung verfolgten Ziele auch mit der Jahreshauptversammlung am 23. März 2019 erreicht würden, da dort die turnusgemäße Neuwahl des Aufsichtsrats anstehe und die drei AR-Mitglieder, deren Abberufung verfolgt wurde, ohnehin nicht wieder antreten werden. Vorsorglich enthält die Entscheidung aber die Auflage, dass der Vorstand sich an seine Zusagen halten muss.

Desinformationskampagne des Vorstands

Der Vorstand versucht nun, die Mitglieder und die Öffentlichkeit mit unvollständigen Zitaten aus der Entscheidung des Gerichts und eigentümlichen Interpretationen irrezuführen, von seiner rechtswidrigen Verweigerung der Einberufung im letzten Jahr abzulenken und zugleich die Antragsteller und das eindrucksvolle Mitgliederbegehren in ein negatives Licht zu rücken.

Es ist daher wichtig, festzuhalten, dass weder die widerrechtliche Entscheidung des Vorstands noch auch nur einer der Punkte, die der Vorstand seinerzeit zur Begründung angeführt hatte, vom Gericht bestätigt wurden und dass der Antrag der Mitglieder zulässig war und allen rechtlichen Vorgaben entsprach.

So ist in der Entscheidung des Gerichts ausdrücklich festgehalten, dass kein gesetz- oder satzungswidriges Verlangen der Antragsteller vorliegt. Vielmehr wurden alle durch den Vorstand aufgeführten Gründe für die Ablehnung dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung durch das Gericht widerlegt. Der Antrag war weder rechtsmissbräuchlich, noch waren sonstige Belastungen (Zeit, Mühe, Kosten) für die Entscheidung relevant.

Im Übrigen kostet die Ausrichtung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung nur einen Bruchteil der vom Vorstand behaupteten 80.000 Euro, die auf den Ausgaben der letzten Mitgliederversammlung beruhen. Pro Verein 1896 liegt hierzu eine seriöse Kalkulation vor.

Was ist mit dem Fehlen der “Benennung der Ursache” gemeint?

Damit ist nicht etwa gemeint, dass der Antrag nicht begründet sei. Hier geht es um die Begründung für die vorzeitige Abberufung der drei AR-Mitglieder, wie sie dem ursprünglichen Antrag an den Vorstand zu entnehmen ist, auf den der Antrag auf Ermächtigung an das Registergericht verweist, dem der ursprüngliche Antrag auch beilag. Im Text des Antrags an das Gericht wurde der Wortlaut der Begründung zugunsten der Übersichtlichkeit jedoch nicht noch einmal wiederholt. Das hätte der Rechtspfleger aber erwartet, der es darum monierte.
Es ist jedoch wichtig festzuhalten, dass dies lediglich eine formale Forderung des Rechtspflegers, ohne besondere inhaltliche Relevanz, ist, die im Übrigen auch noch nachträglich „geheilt“ werden könnte, die aber, wegen der grundsätzlichen Vorbehalte des Rechtspflegers hinsichtlich der aktuell noch verbleibenden Zeit, gar nicht mehr relevant war.

Rechtsmittel?

Gegen den aktuellen Beschluss kann innerhalb von vier Wochen Beschwerde eingelegt werden. Da diese Beschwerde aber wiederum erst nach mehreren Wochen entschieden würde, hat Pro Verein 1896 beschlossen, den Fokus nun allein auf die ordentliche Mitgliederversammlung im März zu legen. Wir bedanken uns bei allen 1310 Unterzeichnern dieses Begehrens und auch bei allen anderen Mitgliedern und Unterstützern.

Kommunikationsstrategie des Systems Kind

Der Beschluss des Amtsgerichts ermöglicht zwar nicht die gewünschte außerordentliche Mitgliederversammlung, aber er bestätigt einmal mehr unsere Einschätzung, dass der derzeitige Vorstand mit unlauteren Mitteln, wie der zeitlichen Verschleppung einer Entscheidung, den Mitgliederwillen umgeht und mit grenzwertiger Kommunikation in seinen Newslettern die Spaltung des Vereins billigend in Kauf nimmt, anstatt sich eines sachlichen Diskurses zum Wohle des Vereins zu stellen. All das geschieht, um das marode “System Kind” über die nächsten Monate zu retten.

Zu erwähnen bleibt, dass sich mittlerweile auch der Ehrenrat, zugunsten der widerrechtlichen Entscheidung des Vorstands, gegen die von den Mitgliedern satzungsgemäß beantragte außerordentliche Mitgliederversammlung ausgesprochen hat und dabei, anstelle einer eigenen Begründung seiner Entscheidung, schlicht auf die, wie inzwischen gerichtlich bestätigt, irrelevanten Begründungsversuche des Vorstands abgestellt hat.

Pro Verein 1896 ruft erneut zum Neuanfang auf

Für einen Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V., der Recht und Gesetz wieder achtet, nach innen, wie nach außen.

Mit funktionierenden Strukturen und Gremien, die sich ihrer Aufgaben und ihrer Verantwortung gegenüber den Mitgliedern bewusst sind und das Interesse des Vereins und seiner Mitglieder über Einzelinteressen stellen.

Der Mitgliederversammlung, gemäß der Satzung das „oberste beschließende Organ“, deren Beschlüsse „für alle Mitglieder verbindlich“ sind, ist ein fairer Meinungsstreit ebenso zu wünschen, wie der Willen und die Kraft, die Spaltung zu beenden und in acht Wochen den Neuanfang in die Wege zu leiten.