Nachbetrachtung zur Mitgliederversammlung des Hannoverschen Sportvereins v. 1896 e.V.
Kurz vor Mitternacht ging am vergangenen Donnerstag nach über fünf Stunden die diesjährige Mitgliederversammlung des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. zu Ende. Obwohl der Vorstand um Martin Kind im Vorfeld zahlreichen Mitgliedern die Aufnahme und die Wandlung der Mitgliedschaft vom Fördermitglied zum stimmberechtigten Mitglied verweigert hatte, und nach Kräften versucht hatte, das eigene Klientel zu mobilisieren, macht der Versammlungsverlauf deutlich, dass eine stabile Mehrheit der Mitglieder den autokratischen Kurs des Vorstands missbilligt und ablehnt.
So stimmte eine Mehrheit der Mitglieder in jeder Abstimmung gegen den Vorstandskurs. Auch dem von zwei Mitgliedern eingebrachten Antrag auf eine Satzungsänderung, welche zum Ziel hatte, die Mitgliederversammlung zu stärken, stimmte eine Mehrheit der Mitglieder zu, die notwendige Zweidrittelmehrheit wurde aber nicht erreicht.
Trotz der umfassenden Vorbereitung durch den Vorstand mangelte es den Befürwortern des Vorstandskurses vor allem an überzeugenden Argumenten. Im Mittelpunkt der gestrigen Versammlung sollte eigentlich der Breitensport stehen, wie man den vorherigen Ankündigungen des Vorstands entnehmen konnte. Nachdem allerdings das Bundesligateam empfangen worden war, referierte Martin Kind in seinem Vorstandsbericht ausführlich dieselben Inhalte wie in jedem Jahr über eben den Profifußball: Fastinsolvenz 1997, Stadionbau, 16 Jahre Bundesliga, sofortiger Wiederaufstieg, NLZ.
Im Anschluss hielt Vorstand Uwe Krause eine spaltende und Fronten verhärtende dreißigminütige Rede zum Thema 50+1 und Stimmung im Stadion, in der er nicht mit seiner abschätzigen Meinung über die Mehrzahl der anwesenden Mitglieder hinter dem Berg hielt. Anstatt die Mitglieder proaktiv – und nicht erst auf Nachfrage – über eine noch nicht abgeschlossene Steuerprüfung ausführlich zu informieren, erinnerte Vorstand Uwe Krause an Erfolge aus der Europapokalzeit vor einem halben Jahrzehnt.
Als Ergebnis der Steuerprüfung ist mit einer teilweisen Aberkennung der Gemeinnützigkeit zu rechnen, die zu massiven Steuernachzahlungen im noch nicht abschließend festgelegten sechsstelligen Euro-Bereich für den Zeitraum von 2008 bis 2017 führen und den Haushalt künftig regelmäßig belasten wird.
Verschwiegen wurde in den Berichten, dass der Verein Ende des Jahres ohne neue Darlehen in Millionenhöhe nicht mehr zahlungsfähig sein wird. Das vom Aufsichtsrat noch nicht genehmigte Darlehen soll zum Teil im Haushalt des Vereins versickern, aber auch eine Baukostensteigerung des Vereinszentrums Stammestr. von 10 Mio. Euro auf 10,9 Mio. Euro auffangen.
Folgerichtig wurde dem Vorstand die Entlastung nicht erteilt, was einem deutlichen Misstrauensvotum gleichkommt. Konsequent wurde neben dem Vorstand auch der Aufsichtsrat nicht entlastet, der durch seine Mitglieder Schmidt, Beck und von Lintel seine satzungsgemäße Kontrollfunktion nicht ausgeübt hat, wie in der Versammlung deutlich wurde. Es stellt sich die Frage, warum sie die Aufsichtsräte Kramer und Nestler in ihrem Bemühen nicht unterstützten, den vom Verein abgegeben Antrag auf eine 50+1-Ausnahmegenemigung einsehen und kontrollieren zu können.
Einem Antrag aus der Triathlonabteilung, dem die deutliche Mehrheit der Mitglieder entsprach, war es zu verdanken, dass diejenigen, die im Mittelpunkt stehen sollten, dieses auch zu einer angemessenen Stunde tatsächlich konnten: Die vom Vorstand an das Ende der Versammlung gesetzte Ehrung der langjährigen Mitglieder und die erstmalige Wahl des Sportlers des Jahres wurden, wie es der Respekt gebührt und gelebte Praxis bei Hannover 96 ist, an den Anfang der Versammlung verlegt. Aufgrund der Kandidaten im Kindesalter (eine Kandidatin war erst acht Jahre alt) mutete die Vorstandsplanung grotesk an.
Die Versammlungsleitung wurde für die Aussprache zu den Berichten und die Anträge von Valentin Schmidt an 96-Anwalt Hartung übertragen. Hartungs Auftreten ist als Desaster zu bezeichnen. Seine wirren Rechtsausführungen und die Behinderung der Redebeiträge sorgten neben einem arroganten Stil und der ungefragten Kommentierung des Satzungsänderungsantrags, als eigentlich ein Antrag zur Geschäftsordnung diskutiert wurde, für eine aufgeheizte Stimmung. Dieses gipfelte in einem Abwahlantrag Hartungs als Versammlungsleiter, woraufhin Valentin Schmidt wieder die Versammlungsleitung übernahm. Erschreckend war die Tatsache, dass es nach den Erfahrungen des letzten Jahres den Gremien des Hannoverschen Sportvereins im Vorfeld nicht gelungen ist, eine Person zu finden, die die Versammlung seriös, ordnungsgemäß und neutral leitet.
Pro Verein 1896 hatte im Vorfeld zu Besonnenheit und einem fairen Umgang aufgerufen. Auch die Fanszene hatte diese Forderung bereits im Februar 2018 erhoben. Hervorzuheben ist das faire Verhalten der Fanszenemitglieder. Ebenfalls erschreckend waren aber die persönlichen Anfeindungen von Teilen der Mitglieder gegen Antragsteller und weitere Personen, die sich konstruktiv zu Wort gemeldet hatten.
Wir möchten auf diesem Wege denjenigen anwesenden Mitgliedern danken, die sich konstruktiv an der Diskussion beteiligt und die Abstimmungen genutzt haben, ihrem demokratischem Willen Ausdruck zu verleihen. Aus den Abstimmungsergebnissen werden wir die notwendigen Schlussfolgerungen für unseren weiteren Weg zur Sicherung der Vereinsinteressen ziehen.