„Fangesellschafter“ gehen von Bord

WP_20160303_19_23_41_Pro (2)Kind (fast) allein zu Haus?

 

An Himmelfahrt überraschte Martin Kind mit der Übernahme eines Gesellschafteranteils an der Konzernmutter Sales & Service. Er kaufte dem zweitgrößten Gesellschafter Detlev Meyer dessen komplette Beteiligung am Unternehmen ab. Meyer war erst 2012 bei Hannover 96 eingestiegen. Dadurch hat Martin Kind mit 52 % die absolute Mehrheit der Sales & Service inne (wie übrigens schon zwischen 2006 und 2012, nachdem Carsten Maschmeyer ausgestiegen war). Wie Martin Kind schon wiederholt ausführte, sollen diejenigen, die das Geld bereitstellen, auch über die Mittelverwendung bestimmen dürfen. Faktisch wurden durch die Übernahme jetzt aber die übrigen Investoren ausgebootet, da kein Beschluss in dieser Gesellschaft mehr gegen Martin Kind gefasst werden könnte.

Dieses Vorgehen fand laut Presseberichten (HAZ, NP) vom Freitag folglich auch nicht die Zustimmung dreier weiterer Investoren. Gregor Baum, Matthias Wilkening und Michael Schiemann sollen postwendend ihre Anteile von insgesamt knapp 25 % Martin Kind zum Kauf angeboten haben. „Durch die neuen Mehrheitsverhältnisse ist die Balance verloren gegangen“, so Schiemann in der Neuen Presse. Da gemäß S&S-Gesellschaftsvertrag die übrigen Gesellschafter ein Vorkaufsrecht genießen, wenn ein Gesellschafter aussteigen will, ist das Risiko bei nur drei verbleibenden Investoren deutlich gestiegen, dass die Anteile künftig anderweitig verkauft werden könnten.

Auf unserer Informationsveranstaltung am 29.02. wurde uns vom bisherigen Vereins-Aufsichtsratsvorsitzenden Valentin Schmidt der Vorteil des Hannover-Modells erläutert. Das basiert im Grunde darauf, dass eine Gruppe regionaler Unternehmer um Martin Kind den Verein Ende der 90er Jahre gerettet hätte und sich Hannover 96 stark verbunden fühle. Er prägte den Begriff der sogenannten „Fangesellschafter“. Von diesen Fangesellschaftern bleiben dem Vernehmen nach jetzt aber nur noch Martin Kind und der erst 2012 dazu gestoßene Dirk Roßmann übrig. Darüber hinaus hält noch die Mediengruppe Madsack einen unbedeutenden Anteil von unter 3 %.

Man sieht also, dass nach lediglich gut 18 Jahren der Kreis der ursprünglichen Gesellschafter nur noch aus Martin Kind besteht.

Was bedeutet das jetzt für Hannover 96 und die 50+1-Diskussion?

Die Sales & Service besitzt bekanntlich alle Anteile am Bundesliga-Lizenznehmer Hannover 96 GmbH & Co. KGaA und soll, so Kinds Wunsch, im Jahre 2018 auch die geschäftsführende Management GmbH vom Verein übernehmen. Hierzu muss zuerst der Verein dem Verkauf zustimmen. Danach muss die DFL einer Ausnahme von der 50+1-Regelung zustimmen. Letzteres könnte ein Knackpunkt werden, da die einst als Sanierungsgesellschaft gegründete Sales & Service zwar seit 1999 an der KGaA beteiligt ist, jedoch lediglich als Investorensammelpool dient, in dem mehrmals die Gesellschafter wechselten. Der Vorgang des Gesellschafterwechsels ist auch unter dem Begriff „Change of Control“ bekannt. Man darf gespannt sein, wie die DFL das „bundesweit einmalige Hannover-Modell“ bewerten wird und ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung zur 50+1-Regel als erfüllt angesehen werden könnten. Pro Verein 1896 verneint dieses.

Interessant ist die Reaktion der Gesellschafter, wenn sich 50+2 Prozent der Anteile plötzlich in der Hand einer einzelnen Person befinden. Wir verstehen die Sorgen, wenn die komplette Entscheidungsmacht bei einer Partei liegt, sind wir doch bekanntermaßen für die Erfüllung der 50+1-Regel, die den Vereinen und ihren Mitgliedern die demokratisch legitimierte Hoheit über ihre Lizenzmannschaften gewährleistet!

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