Zu Beginn der Veranstaltung um kurz nach 19:00 Uhr hielt Ewald Lienen vor den etwa 300 Gästen einen mit Spannung erwarteten, emotionalen Beitrag zur Bedeutung des Vereinsfußballs und der Notwendigkeit des Erhalts von 50+1.
Von der Vergangenheit bis zur Gegenwart
Pro Verein 1896 begann anschließend damit, die letzten 20 Jahre Vereinsentwicklung noch einmal kurz und knapp Revue passieren zu lassen. Ausgehend von der Machtübernahme Kinds über die Auslagerung der Profimannschaft bis zu den heimlichen Anteilsverkäufen des Vereins an Martin Kind im Jahr 2014 und der Missachtung von Mitgliederbeschlüssen des Vereinsvorstands 2017 wurde deutlich, dass kein anderer Profiverein in Deutschland so billig seine Vermögenswerte an einen Investor verloren hat wie der Hannoversche Sportverein von 1896 e.V.
In der darauf folgenden Einleitung zur Konzeptvorstellung wurde seitens Pro Verein 1896 klargestellt, dass nicht etwa die Auslagerung der Profigesellschaft rückgängig gemacht werden, sondern das 2-Säulen-Modell mit Profigesellschaft und Breitensportverein fortgeführt werden soll. Alle Erfolge seit der Auslagerung basieren auf diesem 50+1-Erfolgsmodell.
Grundlage einer erfolgreichen Zukunft sei die Beilegung aller Streitpunkte und Unklarheiten betreffend der Vermögensübertragungen des Vereins. Dies gelte für die Markenrechte ebenso wie für die Anteilsverkäufe oder die Behandlung der stillen Reserven.
Die Zukunft strukturell gestalten
Ausgehend von der aktuellen Vereinsstruktur mache ein Aufsichtsrat nur dann Sinn, wenn dieser zu einem echten Kontrollorgan werde und dessen Mitglieder Zugang zu allen Unterlagen und Dokumenten hätten. Der Ehrenrat sei derzeit nicht Konfliktlöser, sondern nur Durchgangsstadium zu gerichtlichen Verfahren. Situationen wie „Martin Kind verhandelt mit Martin Kind“ über die Vermögenswerte des Vereins dürfe es zukünftig nicht mehr geben.
Die nach wie vor zu ungenaue Satzung müsse überarbeitet, die vom Landgericht Hannover festgestellte Vorstandsdiktatur beseitigt und die Befugnisse der Mitgliederversammlung müssten gestärkt werden. Mitgliederbeschlüsse dürften keine Empfehlung, sondern müssten Grundlage des Handelns des Vorstandes sein.
Ein weiterer Konzeptschwerpunkt bildete die Frage der Gestaltung der Verbindung zwischen Verein und Profigesellschaft bzw. den Gesellschaftern. Diese solle nicht nur erhalten, sondern auch gesellschaftsrechtlich gestärkt werden. Der Verein müsse seine gesellschaftsrechtliche Verantwortung in Bezug auf die ihm zu 100% gehörende Hannover 96 Management GmbH wahrnehmen, so wie es die Statuten der DFL und des DFB verlangen und diese ihre Funktion als Komplementärin in der Hannover 96 Management GmbH & Co. KG uneingeschränkt wahrnehmen.
Hinsichtlich der Markenrechte solle einvernehmlich der Mitgliederbeschluss 2017 umgesetzt und deren Regelung endlich insolvenzfest gemacht werden. Genauso einvernehmlich werde das Vorschlagsrecht für den Geschäftsführer der Profigesellschaft, den der Verein berufen muss, zukünftig geregelt werden. Bereits 2016 habe Pro Verein 1896 ein Konzept eines Geschäftsführerbeirats vorgestellt. Nur ein starker Verein ermögliche erfolgreichen Profifußball. Das müsse allen Beteiligten bewusst sein.
Weiterentwicklung des Vereins
Weiterhin bildete die Vorstellung ganz konkreter Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Vereins einen Konzeptschwerpunkt. Ziel sei es, mehr Einnahmen zu generieren, um Breiten- wie Spitzensport noch besser fördern zu können. Dazu sollten die Mitgliederzahl auf 30.000 erhöht, eigene Werbemöglichkeiten besser ausgeschöpft sowie eine Fanabteilung gegründet werden, in der sich die primären Fans der Bundesligamannschaft sammeln und organisieren sollen und die aktiven Sportabteilungen mit finanzieren. Dabei sollten die Abteilungen mit den Abteilungsleitern wie gehabt eigenständig arbeiten.
Darüber hinaus sollten weitere Sportarten im Verein etabliert, der Amateurfußball in den unteren Ligen auch als Imageträger stark ausgebaut und ein Fokus auf Jugendliche und Senioren gelegt werden. Grundsätzlich müsse, anders als zuletzt, endlich auch wieder ein fairer Umgang mit den anderen Vereinen der Stadt und der Region gelebt werden.
Mehr Gemeinsamkeit zwischen Verein und Profis werde beim Sponsoring angestrebt. Es sei ein Imagegewinn und hebe die Wahrnehmung der gesellschaftspolitischen Verantwortung eines Sponsoring-Partners von Hannover 96 hervor, wenn sich dieser auch im Breitensportverein engagieren würde.
System Martin Kind endgültig nicht mehr tragbar
Pro Verein 1896 wirbt im Fazit der Veranstaltung für einen ehrlichen Neuanfang. Das auf eine einzelne Person ausgerichtete „System Martin Kind“ sei nicht länger geeignet, um die aktuellen Probleme, ob im Breitensport- oder Profibereich, zu bewältigen. Die Risse im Verein könne nur ein ehrlicher Neuanfang beseitigen. Im Hinblick auf die aktuelle finanzielle Belastung des Vereins seien dringend personelle, strukturelle und wirtschaftliche Erneuerungen unumgänglich.
Statt privater Interessen müssen die Vereinsinteressen endlich wieder im Mittelpunkt stehen, also nicht Personen, sondern die gemeinsame Sache.
Im Anschluss an die Präsentation wurden Nachfragen beantwortet und nach etwa zwei Stunden die gut besuchte Veranstaltung beendet.