Voraussetzungen für die Übernahme eines Profifußballvereins: DFL-Rundschreiben Nr. 30 Bereich Recht DFL vom 12.12.2014
Infolge der Veröffentlichung von Pro Verein 1896 vom Montag, 20.02.2017, hat Martin Kind gegenüber der Neuen Presse bestätigt, bisher keinen Antrag auf Übernahme des Profifußballs von Hannover 96 gestellt zu haben. Es soll lediglich eine bisher unbeantwortete Voranfrage bei der DFL zu den Formalien einer Übernahme existieren. Diese Anfrage wird im Grunde durch das Rundschreiben Nr. 30 Bereich Recht DFL vom 12.12.2014 beantwortet. Darin konkretisiert der Vorstand der DFL die in der DFL-Satzung geregelte Ausnahmegenehmigung zur 50+1-Regel.
Aufgrund zahlreicher Anfragen in den vergangenen Tagen veröffentlichen wir den Inhalt des bereits 2016 auf unserer Informationsveranstaltung behandelten Rundschreibens der DFL erstmals im Rahmen einer Fortsetzungsreihe und werden die einzelnen Punkte in Bezug auf die Situation bei Hannover 96 genauer durchleuchten. Was bedeuten die Punkte konkret für die aktuelle Situation? Wo sehen wir Schwachpunkte in der von Martin Kind geplanten Umsetzung?
Beginnen wollen wir mit dem bedeutenden Punkt 6 „Erhebliche Förderung“, die eine Grundvoraussetzung für einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zur 50+1-Regel darstellt.
Wann beginnt eine erhebliche Förderung?
Punkt Nr. 6 des Rundschreibens beantwortet, neben der Erläuterung der Begrifflichkeit „erhebliche Förderung“, die Pro Verein 1896 oftmals gestellte Frage, wann der Zeitraum von 20 Jahren überhaupt beginnt. Grundsätzlich ist der Beginn z.B. unabhängig vom Zeitpunkt einer Berufung eines Antragstellers zum ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden. Einzig maßgeblich ist der Beginn der erheblichen und ununterbrochenen Förderung a) des Muttervereins, wenn der Fußball noch nicht in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert wurde, oder b) der ausgelagerten Kapitalgesellschaft und mindestens indirekt des Muttervereins.
Frühester Beginn des 20-jährigen Zeitraumes ist somit die erste vollzogene erhebliche Fördermaßnahme des Übernahmeinteressenten.
Unter Beachtung dessen ist der Beginn einer erheblichen Förderung in Hannover nach Ansicht von Pro Verein 1896 nicht ersichtlich und damit völlig offen. Letztlich stellt sich gar die Frage, ob und was Martin Kind im Hannoverschen Sportverein als Mutterverein überhaupt gefördert haben könnte, bevor die Bundesligalizenz zur Saison 2000/2001 auf die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA übertragen wurde.
Wann hat Martin Kind gefördert?
In der Hannoverschen Presse wird Martin Kind am 2. Februar 2017 wie folgt zitiert: „Ich arbeite ehrenamtlich für den Verein und habe sogar noch Geld gegeben.“ Welche Gelder er damit konkret meint und ob diese eine erhebliche Förderung belegen können, ist nicht bekannt.
Bekannt ist hingegen, dass der Verein laut Aussage Martin Kinds im Sommer 1998 nahezu schuldenfrei war. Dieses gelang durch erzielte Transferüberschüsse, Pokalspieleinnahmen und Hauptsponsorenzahlungen (Quelle: Veröffentlichung Pressekonferenz am 26.02.1998), „Rekordeinnahmen“ aus der Exklusivvermarktung der Aufstiegsspiele (Quelle: Presseveröffentlichung 05.03.1998) und den Verkauf der Markenrechte (Quelle: Presseveröffentlichung 18.07.1998). Sonstige Förderungen, insbesondere in erheblicher Art, bzw. überhaupt im Sinne der DFL-Regularien konkrete zu berücksichtigende Zuwendungen Martin Kinds an den Verein, beispielsweise auch als Sponsor, sind aus dieser Zeit nicht bekannt. Öffentlich wurde hingegen, dass Martin Kind das Ansinnen des damaligen Managers Franz Gerber nach einer Etataufstockung vor der Saison 1998/99 ablehnte und auch ein Sommertrainingslager eingespart wurde. Martin Kind wurde dazu in der Hannoverschen Presse am 23.06.1998 wie folgt zitiert: “In Hannover und Umgebung lässt es sich auch sehr gut üben. Gut und günstig.” Als Mäzen hat sich Martin Kind zudem nie gesehen. (Quelle: 06/2009 Impulse: “Die Welt der kleinen Hopps“)
Was ist eine erhebliche Förderung?
Für einen Übernahmeinteressenten stellt die Förderung ohne Gegenleistung keine Besonderheit als vielmehr eine Grundvoraussetzung dar. Nur dies befähigt den Übernahmeinteressenten dazu, unter der Voraussetzung diese Förderung ununterbrochen über 20 Jahre erbracht zu haben, einen Antrag mit grundsätzlicher Erfolgsaussicht stellen zu können. Zur Erheblichkeit der Förderung heißt es in Nr.6 des Rundschreibens insoweit:
„Der Begriff „erheblich“ soll nach Auffassung des Vorstandes clubbezogen verstanden werden und zwar dergestalt, dass die Höhe des finanziellen Engagements in jeder einzelnen Spielzeit während des 20-Jahres-Zeitraums mindestens dem durchschnittlichen Budgetanteil entsprechen soll, den das Hauptsponsoring des Clubs, d.h. das höchste Einzelsponsoring, in der jeweiligen Spielzeit ausmacht.“
Besonders bedeutsam ist zudem die Forderung, dass der Förderung keine oder aber nur eine verbilligte Gegenleistung gegenüberstehen, also kein 1-zu-1-Leistungsaustausch durchgeführt werden darf und ein Sponsoring höchstens additiv möglich wäre. Sollte Martin Kind also dennoch Geld- oder Sachleistungen erbracht haben, dürfte gemäß DFL-Vorgaben mit dieser Maßnahme kein annähernd äquivalenter Leistungsaustausch verbunden sein. Die Gewährung eines Darlehens oder der Erwerb von Markenrechten stellen demnach keine erhebliche Fördermaßnahme dar.
Jährliche erhebliche Förderleistungen Martin Kinds sind nicht ersichtlich.
Welche Leistungen in Höhe von mindestens der Zahlungen der jeweiligen Hauptsponsoren Martin Kind über 20 Jahre in jedem Jahr erbracht haben will, ist bisher nicht zu erkennen. Die fortgesetzte Ankündigung eines Übernahmebegehrens und die persönliche Überzeugung Martin Kinds, eine Übernahme erfolgreich gestalten zu wollen, ändern an der Faktenlage nichts.
Anders als im Fall der TSG Hoffenheim, der die Ausnahmegenehmigung zur 50+1-Regel gemäß den aktuellen DFL-Regularien erteilt wurde, ist eine erhebliche Förderung durch Martin Kind – auch nur hinsichtlich eines Bruchteils der Förderung eines Dietmar Hopp – bisher nicht dargelegt worden. So ist z.B. der Umbau des Niedersachsenstadions durch öffentlich verbürgte Bankkredite und öffentliche Zuschüsse finanziert worden, während Dietmar Hopp – auch wenn Pro Verein 1896 generell jegliche Ausnahmeregelungen zur 50+1 Regelung ablehnt – immerhin gleich zwei Stadien auf eigene Kosten errichten ließ.
Pro Verein 1896 ist daher der Auffassung, dass unter Beachtung der Regularien der DFL bis auf weiteres eine Übernahme durch Martin Kind persönlich ausgeschlossen ist.
Der besprochene Punkt 6 des DFL-Rundschreibens steht hier zum Download bereit:
Unter folgendem Link findet sich zudem die Satzung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V., in der sich unter § 8 (ab Seite 7) die durch das Rundschreiben präzisierten Übernahmeregularien befinden. Download Satzung: http://s.bundesliga.de/assets/doc/1110000/1107131_original.pdf