Pro Verein 1896 nimmt Stellung zu den am gestrigen Tage von Rechtsanwalt Christoph Schickhardt über die dpa und regionale Medien verbreiteten Rechtfertigungen bzgl. des Vorwurfs der Vertretung widerstreitender Interessen von Hannover 96 e.V., der Person Martin Kind und der Hannover-96-Kapitalgesellschaft.
Die dpa vermeldete gestern:
„Der Anwalt (Anmerkung von Pro Verein 1896: gemeint ist Herr Schickhardt) wies jedoch zurück, dass er – wie behauptet – den Verein beim Verkauf der Anteile der Hannover 96 Management GmbH an Kind vertreten habe. „Das stimmt nicht, das ist aus der Luft gegriffen“, sagte Schickhardt der Deutschen Presse-Agentur. Er nannte den Vorwurf einen „Verzweiflungsakt einer Opposition, die gescheitert ist“.
Er vertrete den Verein, die Profifußballgesellschaft und Kind gemeinsam bei dem Antrag, von der DFL eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel zu erhalten. Es sei eine Vorgabe der Deutschen Fußball Liga, dass dies ein Anwalt tun müsse.
Pro Verein 1896 stellt hierzu fest:
Herr Schickhardt hat sich mit Schreiben vom 24.07.2017, also genau eine Woche vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung, im Rahmen einer Schutzschrift der Kanzlei Schickhardt Rechtsanwälte sowohl gegenüber dem Amtsgericht Hannover als auch gegenüber dem Landgericht Hannover als Prozessbevollmächtigter des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. legitimiert. Die Schutzschrift trägt in der Unterschriftszeile auf Seite 3 den Schriftzug:
„(Professor Christoph Schickhardt)
Rechtsanwalt“
Die Schutzschrift richtet sich gegen die Befürchtung, Mitglieder des Vereins könnten eventuell versuchen, die Herbeiführung eines Beschlusses des Aufsichtsrates des Vereins im Wege einer einstweiligen Verfügung zu verhindern.
Im Rahmen der nach Beschlussfassung des Aufsichtsrates von zwei Mitgliedern angestrebten einstweiligen Verfügungen vor dem Landgericht Hannover hat sich Herr Schickhardt in beiden Verfahren, ebenso auch in der jeweiligen zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht Celle, als Prozessbevollmächtigter des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. legitimiert und mittlerweile auch für beide Verfahren und beide Instanzen Kostenansprüche gegen die jeweiligen Antragsteller im Hinblick auf seine Vertretung geltend gemacht. Der Vereinsaufsichtsrat Ralf Nestler hatte in seinem Antrag auf einstweilige Verfügung ein Gutachten des Diplom-Kaufmanns Christian Müller vorgelegt, das feststellt, dass der Wert der von Herrn Schickhardts Mandanten, Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V., zu verkaufenden 51 % der Anteile an der Hannover 96 Management GmbH an seinen gleichzeitigen Mandanten, Herrn Martin Kind, einen zweistelligen ggf. sogar dreistelligen Millionenbetrag wert sei und deshalb ein von der Mitgliederversammlung zu beschließendes Grundlagengeschäft darstelle.
Jeder Anwalt müsste spätestens zu diesem Zeitpunkt sein Mandat niederlegen, denn Ziel des Vertreters des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. kann es nur sein, den bestmöglichen Kaufpreis für seinen Mandanten zu erzielen.
In diesem Zusammenhang fordert Pro Verein 1896 Herrn Kind und den gesamten Vorstand auf, offenzulegen, wann genau die Bevollmächtigung des Herrn Schickhardt erfolgte, und zwar sowohl für die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile, als auch für die Vertretung des Ausnahmeantrages von der 50+1-Regel bei der DFL.
Weiter stellt sich die Frage, ob und wann der Vorstand einen Gremienbeschluss des Aufsichtsrates eingeholt hat, da die Vertretung in den Verfahren, besonders vor der DFL im Rahmen der Ausnahmegenehmigung für Herrn Kind, erhebliche Kosten verursachen, die im Finanzplan nicht vorgesehen sind. Die Satzung des Vereins regelt hierzu in § 16 Nr. 6 b):
„Der Aufsichtsrat hat vorherige Zustimmung zu nachfolgenden Rechtsgeschäften des Vorstandes zu erteilen:
-Ausgaben die den Finanzplan überschreiten…“.
Auf Nachfrage hat Aufsichtsrat Sebastian Kramer bestätigt, weder informiert worden zu sein, noch eine Zustimmung erteilt zu haben. Ein entsprechender Aufsichtsratsbeschluss sei nicht ergangen.
Soweit Herr Schickhardt in seiner Stellungnahme darauf hinweist, die Deutsche Fußball Liga verlange, dass der Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel von einem Anwalt gestellt werden müsse, möge er das belegen. Insbesondere möge er belegen, dass es derselbe Anwalt sein muss, der den Verein, die Profifußballgesellschaft und Kind gleichzeitig und ausschließlich zu vertreten habe. Vielmehr ist zwar ein gemeinsamer Antrag der Vertretenen erforderlich. Keineswegs könne und werde aber von der DFL derselbe Anwalt für alle drei Verfahrensbeteiligten explizit verlangt. Jedenfalls geht derartiges aus keinen öffentlich zugänglichen Dokumenten der DFL hervor und dürfte auch intern nicht der Fall sein.
Im Rundschreiben der DFL Nr. 30 vom 12.12.2014 heißt es hierzu unter Ziff. 2 lediglich:
“Formal ist der Antrag gemeinsam von dem Mutterverein, dem Lizenznehmer sowie dem Rechtsträger, der die Mehrheitsbeteiligung anstrebt, zu stellen.”
In keiner Weise ist also die Rede davon, dass nur Herr Schickhardt allein hierzu berufen wäre. Eine anwaltliche Vertretungspflicht ist auf dieser Grundlage nicht geregelt.
Dies wäre aber auch schon deshalb nicht zulässig, weil widerstreitende Interessen nicht nur nicht auszuschließen, sondern vielmehr offenkundig sind.
In Nr. 5 des genannten Rundschreibens Recht der DFL heißt es:
„Zu beachten ist, dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Nr. 3 Abs.6 Satzung Ligaverband stets voraussetzt, dass die Förderung im bisherigen Ausmaß fortgeführt wird und die Anteile an der Kapitalgesellschaft selbst nicht weiterveräußert werden. Sollte sich die juristische Person (Anmerkung Pro Verein 1896: Privatpersonen nicht?) nach dem Change of Control nicht mehr an diese Vorgaben halten, besteht die Möglichkeit, die Ausnahmebewilligung zu widerrufen und der Kapitalgesellschaft die Lizenz zu entziehen.
Um Umgehungen von Wertentscheidungen des Ligaverbandes durch einen Change of Control bei dem übernehmenden Rechtsträger nach Ausnahmeerteilung zu verhindern, behält sich der Ligaverband vor, eine Ausnahmebewilligung nur bei Bestehen bestimmter Haltefristen, Gewinnverwendungsregeln, Stimmbindungsvereinbarungen etc., zwischen Mutterverein, Kapitalgesellschaft und künftigem Mehrheitsgesellschafter zu erteilen bzw. eine Ausnahmebewilligung mit derartigen Vorgaben zu erlassen oder zu verbinden.“
Im Prozess der Erteilung der Ausnahmebewilligung liegt es demnach auf der Hand, dass z.B. die bisherige oder auch zukünftige Förderhöhe des Muttervereins geprüft und ggf. angepasst, also verhandelt werden muss, oder Auflagen zu verhandeln und zu vereinbaren sind und es damit zu widerstreitenden Interessen kommen kann bzw. wird.
Allein aus diesen, aber auch weiteren Gründen (einmal ganz abgesehen vom fehlenden Beschluss des Aufsichtsrates des Vereins für Herrn Schickhardts Wirken), besteht Pro Verein 1896 auf die sofortige Niederlegung sämtlicher Mandate des Herrn Schickhardt für den Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V. und die Beauftragung einer überörtlichen und unabhängigen Rechtsanwaltskanzlei auf der Grundlage eines herbeizuführenden Aufsichtsratsbeschlusses.
Pro Verein 1896 hegt erhebliche Zweifel daran, dass aufgrund des skizzierten Sachverhalts der von Herrn Schickhardt für seine drei Mandanten gestellte Antrag bei der DFL überhaupt wirksam gestellt worden ist. Zwar schützt die Rechtsprechung den vom Interessenkonflikt seines Anwalts betroffenen Mandanten, allerdings wird zu prüfen sein, ob nicht generell der Antrag gemäß § 138 BGB nichtig ist. Denn: Herr Kind ist nicht nur übernehmender Rechtsträger, sondern auch Geschäftsführer der Geschäftsführungsgesellschaft der Lizenznehmerin und auch Vorstandsvorsitzender des Muttervereins. Ihm müsste völlig klar gewesen sein, dass dann auch noch die Beauftragung eines Anwaltes für alle drei Antragsteller zur Sittenwidrigkeit der abgegebenen Willenserklärungen führen kann.
Ganz unabhängig vom Ausgang des neuen einstweiligen Verfügungsverfahrens ergeben sich folglich neue Aspekte, die ein Scheitern von Herrn Kind auch auf anderer Ebene wahrscheinlicher werden lassen. Pro Verein 1896 ist zuversichtlich, dass alle Unstimmigkeiten ans Licht kommen und die Vorgänge vollumfänglich aufgeklärt und aufgearbeitet werden können, was unweigerlich nur dazu führen kann, dass der Antrag auf Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel von der DFL abzulehnen ist.