Der Vorstand von Hannover 96 hat sich entschieden, bereits im Vorfeld der Mitgliederversammlung eine Abstimmungsempfehlung abzugeben, den Anträgen zweier Vereinsmitglieder auf Satzungsänderungen die Zustimmung zu verweigern.
Das zeugt nicht von Souveränität, wenn man meint, die eigentlich der Mitgliederversammlung vorbehaltene Erörterung bereits vorher – und vor allem einseitig – durchführen zu wollen. Auch erscheint es im Hinblick auf das Verständnis der vom Vorstand einerseits so sehr bemühten Demokratie wenig nachvollziehbar, wenn man andererseits nicht auf Augenhöhe diskutieren will. Denn die beiden Mitglieder verfügen nicht ohne weiteres über entsprechende logistische Mittel, um allen Mitgliedern gegenüber noch in Ruhe auf die Stellungnahme erwidern zu können.
Deshalb möchten wir von Pro Verein 1896 an dieser Stelle zumindest darauf hinweisen, dass die rechtliche Beurteilung des Antrags durch den Vorstand von Hannover 96 schlicht und ergreifend falsch ist.
Keineswegs würde der Antrag dazu führen, dass zukünftig die Mitgliederversammlung sämtliche Entscheidungen trifft. Dazu wäre nach wie vor der Vorstand berufen. “Vertretung nach außen” bedeutet, dass der Vorstand die Entscheidungen trifft und die Geschäftsführung innehat; das ist ein Grundgedanke im gesamten Vereinsrecht. Die angeblich dann “geraubte” Handlungsfreiheit bliebe auch bei Änderung der Satzung vollkommen unverändert bestehen.
Die Änderung besagt lediglich, dass der Vorstand durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung beauftragt werden kann, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen. Das war nach der bisherigen Satzung nicht in allen Bereichen so. In einigen, durchaus wesentlichen Punkten, hat der Vorstand entschieden, wie er wollte, und zwar ohne jede Rücksichtnahme auf den Mehrheitswillen der Mitglieder. Das hat der Vorstand im vergangenen Jahr auch getan. Dabei hat er nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er an den Willen des obersten Vereinsorgans (der Mitgliederversammlung) nicht gebunden sei, und er hat sich auch in mehreren Fällen tatsächlich nicht am Willen der Mitgliederversammlung orientiert, sondern die gefassten Beschlüsse als „Empfehlungen“ abgetan.
Der Vorstand kann – und soll – nach der geänderten Satzung auch weiterhin die Entscheidungen treffen und die Geschäfte unseres Vereins führen. Aber er sähe sich nunmehr in einer Situation, dass seine Entscheidungen durch die Mitgliederversammlung (noch einmal: das oberste Organ des Vereins!) überprüft und geändert werden können.
Normalerweise sollte man davon ausgehen, dass die Befolgung des Wunsches der Mehrheit der Mitgliederversammlung für einen Vorstand eine Selbstverständlichkeit darstellt. Anders gesagt: Vorstandsmitglieder, die pflichtgemäß handeln und dies unter der Prämisse des Willens der Vereinsmitglieder tun, sollten mit dieser Satzungsänderung keine Probleme haben.
Die letzten Änderungen an der Satzung haben dazu geführt, dass sich Mitglieder des Vorstands gegenüber den Vereinsmitgliedern für gewisse Entscheidungen, mit denen sie eigene Interessen verfolgten, nicht mehr rechtfertigen mussten.
Die geänderte Satzung würde nicht den Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V. handlungsunfähig machen, sondern lediglich den Vorstand verpflichten, im Sinne des Vereins und seiner Mitglieder zu handeln und Entscheidungen transparent darzustellen und zu begründen. Die neue Satzung wäre ein klares Bekenntnis zur Demokratie im Verein.
Falsch ist auch die Darstellung des Vorstands, mit dem Antrag werde eine generell fehlende Bindungswirkung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung moniert. Eine solche Verallgemeinerung trifft der Antrag an keiner Stelle.
Richtig ist jedoch, dass der Vorstand – zumindest nach den bislang vorliegenden Begründungen zu den Beschlüssen des LG Hannover und des OLG Celle – durch die jetzige Satzung Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des obersten Vereinsorgans treffen darf, nämlich der Mitgliederversammlung. Das hat sich in der jüngeren Vergangenheit insoweit als problematisch erwiesen, als der Vorstand gegen den ihm bekannten anderslautenden Willen einer großen Mehrheit der Mitgliederversammlung gehandelt hat. Dass die Satzung dem Vorstand dieses Recht zugesteht, ist nicht ohne Grund als “Vorstandsdiktatur” bezeichnet worden, und zwar nicht von Pro Verein 1896, den Antragstellern oder einer wie auch immer gearteten Opposition, sondern vom Landgericht Hannover.
Pro Verein 1896 stimmt mit den Antragstellern überein, dass diese heutigen Satzungsbestimmungen zu einer nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung des Mitgliederwillens führen und mit der Idee eines demokratisch, auf Basis des Willens der Mitglieder geführten Vereins nicht vereinbar sind.
Die Weigerung des Vorstands, den Beschluss der Mitglieder auf der Versammlung 2017 umzusetzen, mag formal den Regeln der Satzung entsprechen bzw. entsprochen haben; demokratisch legitimiert ist sie dadurch nicht. Vermutlich war man bei der Errichtung der Satzung jedoch schlichtweg zu optimistisch, was die Motivation künftiger Vorstände angeht, ihre Arbeit am Willen der Mitglieder auszurichten.
Auch demokratisch zustande gekommene Regeln können – und müssen! – geändert werden, wenn man erkennt, dass die tatsächlichen Umstände eine Anpassung erforderlich machen.
Alle Anträge zur Mitgliederversammlung 2018 findet ihr hier!