Pressemitteilung
Hannover, den 08.03.2019
Der Unterzeichner vertritt die drei Initiatoren des Antrags auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Hannoverschen Sportvereins von 1896. Er vertritt ebendiese drei Mitglieder auch in einem Verfahren gegen den Verein, in dem es um die Herausgabe einer vollständigen Mitgliederliste des Vereins geht. Da weder die Öffentlichkeit noch die Mitglieder des Vereins allumfassend über den aktuellen Sachstand informiert sind, soll dieses Informationsdefizit mit der nachfolgenden Presseerklärung beseitigt werden.
Gericht verhängt Zwangsgeld gegen Herrn Martin Kind
Mit Beschluss vom heutigen Tag hat das Amtsgericht Hannover gegen Herrn Martin Kind in seiner Eigenschaft als erster Vorsitzender des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,00 Euro verhängt.
Was ist passiert?
Im November vergangenen Jahres hatten drei Mitglieder von Hannover 96 beim Vorstand beantragt, zum Zwecke der vereinsinternen Meinungsbildung im Vorfeld der im März stattfindenden Mitgliederversammlung Zugriff auf die Mitgliederliste des Vereins zu erhalten.
Sie beriefen sich hierbei u.a. auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Vorstand lehnte dies ab. Zuvor hatten die drei Mitglieder die erforderliche Anzahl von Stimmen für eine außerordentliche Mitgliederversammlung eingesammelt, deren Einberufung vom Vorstand von Hannover 96 ebenfalls abgelehnt wurde.
Am 1. Februar 2019 erließ das Amtsgericht Hannover eine einstweilige Verfügung gegen Hannover 96 und verpflichtete den Verein, die begehrte Mitgliederliste herauszugeben. Dieses Urteil wurde am 13. Februar 2019 per Urteil im Hauptsacheverfahren bestätigt. Eine Herausgabe der Liste erfolgte nicht.
Rechtsverweigerung – Der Vorstand “sitzt es einfach aus”
Der Vorstand von Hannover 96 legte am 12.02.2019 beim Landgericht Hannover Berufung gegen das im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Urteil ein. Das Landgericht Hannover kündigte mit Beschluss vom 25. Februar 2019 seine Absicht an, die Berufung wegen fehlender Erfolgsaussichten und ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen und riet zur Rücknahme der Berufung.
lm Beschluss des Landgerichts Hannover heißt es unter anderem:
„[…] Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.“
„Ein solcher mitgliedschaftlicher Informationsanspruch (nämlich auf Herausgabe der Mitgliederliste) ist in der Rechtsprechung anerkannt […], um das sich aus der Mitgliedschaft gegebene Recht auf Mitwirkung an der vereinsrechtlichen Willensbildung wirkungsvoll ausüben zu können. […]“
„Ein überwiegendes Bedürfnis (der) Mitglieder an der Geheimhaltung […] gegenüber den Klägern ist – auch in Ansehung von Artikel 6 Abs. 1 lit. f DSGVO – nicht erkennbar. […]. Sie [die Mitglieder] [haben] damit zu rechnen und es ist ihrerseits zu dulden, dass ein anderes Mitglied ihre Kontaktdaten einsehen und zur Kontaktaufnahme in Bezug auf Vereinsbelange nutzen kann.“
Das Landgericht stellte fest:
„Da in der Mitgliederversammlung am 23.3.2019 die Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden sollen und der Beklagte (Vereinsvorstand) trotz Hinweis der Kammer die Herausgabe verweigert, kommt letztlich die fehlende Herausgabe der Daten einer Rechtsverweigerung gleich. Die Kläger wären damit ihrer Mitgliedschaftsrechte beraubt, die der Beklagte (Vereinsvorstand) hier vollständig und im Hinblick auf ein bestehendes Informationsrecht unzulässig verweigert. Dem steht auch nicht entgegen, dass einzelne Mitglieder der Herausgabe widersprochen haben. Insoweit ist mit der [oben] zitierten Rechtsprechung davon auszugehen, dass sie dies hinzunehmen haben. […] Dies wird letztlich auch noch dadurch gestützt, dass sie (die Kläger) das Quorum für eine außerordentliche Mitgliederversammlung erfüllt haben, der Beklagte indes nichts tut, um diesem nachzukommen. Der Beklagte sitzt es einfach aus.“
Auch der Antrag des Vereins auf Einstellung der Zwangsvollstreckung wurde vom Landgericht zurückgewiesen.
Warum das Zwangsgeld?
Am 25. Februar 2019 verweigerte der Geschäftsführer des Vereins dem beauftragten Gerichtsvollzieher die Herausgabe der begehrten Daten, so dass seitens der drei Mitglieder ein Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes gegen den 1. Vorsitzenden Herrn Martin Kind gestellt wurde.
Am heutigen Tag erließ das Amtsgericht nach erneuter ergebnisloser Fristsetzung nun einen Beschluss, durch den dem Vorstandsvorsitzenden Herrn Martin Kind persönlich ein Zwangsgeld in der maximal möglichen Höhe von 25.000,00 Euro, ersatzweise 25 Tage Zwangshaft, auferlegt wurde. Wenn, wie hier, die Herausgabe der Daten von dem Willen des Schuldners abhängt, kann auf Antrag ein Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft beantragt werden. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25.000,00 Euro nicht übersteigen (§ 888 ZPO). Da der Vorstand die gerichtliche Entscheidung nachhaltig und fortgesetzt ignoriert, hatte das Amtsgericht folgerichtig ein Zwangsgeld zu verhängen. Die Festsetzung auf den Maximalbetrag von 25.000,00 zeigt, welchen Stellenwert das Amtsgericht der Rechtsverweigerung des Vereins beimisst.
Wie geht es weiter?
Sollte der Vorstand von Hannover 96 trotz der Festsetzung des Zwangsgeldes die gerichtliche Entscheidung weiterhin ignorieren, drohen weitere Zwangsgelder gegen den Vorsitzenden Herrn Martin Kind.
Anmerkung des Verfassers
Der Vorstand von Hannover 96 begründet seine Verweigerungshaltung damit, die Daten seiner Mitglieder schützen und einen Datenmissbrauch verhindern zu wollen. Dieses Argument verfängt deswegen nicht, da der Unterzeichner dem Vorstand gegenüber mehrfach anwaltlich versichert hat, dass nur er Zugriff auf die Daten erhält und eine Verwendung zu sachfremden Zwecken ausgeschlossen ist. Das Argument des Datenschutzes ist daher weder von unserer Rechtsordnung getragen noch offensichtlich das wahre Motiv für die Verweigerung der Herausgabe der Daten.
Jürgen Scholz
Rechtsanwalt
Ergänzend möchten wir erwähnen, dass ein Vergleichsangebot auch bereits am 23.01.2019 vor Gericht besprochen wurde. Dort erklärte der Rechtsanwalt des Vorstands allerdings, dass eine unzensierte Veröffentlichung seitens Hannover 96 nicht fest zugesagt werden könne.
Trotz des Scheiterns der Vergleichsgespräche und der zwischenzeitlich zugunsten der drei Antragsteller ergangenen Urteile unternahmen die Antragsteller dennoch am 02.03.2019 erneut einen Versuch einer einvernehmlichen Einigung. Der Vorstand wurde gebeten, das bekannte Konzept der Mitgliederkandidaten über die Vereinsmedien zu veröffentlichen. Auf diese Bitte reagierte der Vorstand nicht.
Angesichts der am 07.03.2019 ablaufenden gerichtlichen Frist zur Stellungnahme und des unvermeidlich drohenden Zwangsgeldes bot Vorstand Uwe Krause am 06.03.2019 eine Veröffentlichung des Konzepts unter der Prämisse an, dass die Antragsteller zuvor nicht nur die Vollstreckungsaufträge zurücknehmen sollten, sondern er verlangte zusätzlich noch einen Verzicht der Antragsteller auf Ihre Rechte aus dem Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren. Zudem bekundete Uwe Krause mündlich gegenüber dem Anwalt der Antragsteller, dass es die Mitgliederliste niemals geben werde.
Angesichts dieser völligen Ignoranz gegenüber der Rechtsprechung staatlicher Gerichte waren die Antragsteller nicht bereit, die bereits gescheiterten Vergleichsverhandlungen wieder aufzunehmen, bevor nicht das Amtsgericht Hannover am 08.03.2019 seinerseits über die Rechtsauffassung von Martin Kind und Uwe Krause geurteilt hätte.
Da aufgrund der heutigen Presseberichterstattung Irritationen entstanden sind, stellen wir klar, dass zuvor sämtliche Rechtsmittel gegen das drohende Zwangsgeld aufgrund der deutlich gegen den Vereinsvorstand sprechenden Rechtslage erwartungsgemäß erfolglos geblieben sind.