Pressemitteilung: Oberlandesgericht weist Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück

Mit Beschluss vom gestrigen Tage hat das Oberlandesgericht Celle den Antrag des Aufsichtsratsmitgliedes Ralf Nestler auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, dass das Aufsichtsratsmitglied den Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit und Unterlassung der Vollziehung des Vorstandsbeschlusses vom 14. Juni 2017 und 31. Juli 2017 (Vorstandsbeschluss zur Veräußerung der Geschäftsanteile an der Hannover 96 Management GmbH und die Zustimmung des Aufsichtsrats) nicht persönlich geltend machen kann.

Das Oberlandesgericht Celle vertritt die Auffassung, dass ein entsprechender gerichtlicher Antrag durch den Verein, nicht hingegen durch ein einzelnes Mitglied des Vereins zu stellen sei. Diese Frage ist in der Rechtsprechung und der juristischen Literatur umstritten. Der Senat entscheidet diese Frage zu Lasten des Antragstellers.

“Für den Fall, dass seitens des Vorstandes Vereinsgeschäfte nicht ordnungsgemäß geführt würden, hätte der Verein gegen seinen Vorstand Ansprüche auf Durchführung oder Unterlassung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen sowie auf Schadensersatz. Die Entscheidung darüber, ob ein Anspruch gegen den Vorstand durchgesetzt werden soll, liegt also bei der Mitgliederversammlung, die die Vor- und Nachteile einer solchen Maßnahme gegeneinander abzuwägen hat (vgl. Grunewald ZIP 1989 S.962 ff, 966).“

Damit wählt der Senat ähnliche Worte, die auch Aufsichtsrat Nestler in seinem Antrag zur Mitgliederversammlung am 27.04.2017 in Bezug auf die Abwägung forderte. Der Antrag fand bekanntlich eine deutliche Mehrheit von nahezu 75% der abstimmenden Mitglieder.

Ob letztlich dem Antragsteller eine Klagebefugnis zusteht oder nicht, ist in einem Hauptsacheverfahren und dann wohl erst höchstrichterlich abschließend zu klären.

Anders als das Landgericht sah das Oberlandesgericht den Antrag aber nicht als verspätet an und bejahte den Verfügungsgrund. Der Antragsteller habe, angesichts der Komplexität des Sachverhalts und der Schwierigkeit der sich stellenden Rechtsfragen, die erforderlichen Schritte zügig und rechtzeitig eingeleitet, so das Oberlandesgericht in der Begründung.
Das Oberlandesgericht Celle führt zum vorgelegten Gutachten der renomierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly aus:

„Unterstellt, das vom Antragsteller behauptete drastische Missverhältnis zwischen Kaufpreis (12750 EUR) und Wert (10 Mio. EUR) der Gesellschaftsanteile an der Hannover 96 Management GmbH bestünde, was der Senat mangels eigener Sachkunde als Wirtschaftsprüfer nicht beurteilen kann, könnte der Antragsteller aber dennoch keine Rechte der Mitgliederversammlung geltend machen,…“.

Der Senat gibt hiermit zu verstehen, dass die Beurteilung der Wertfrage richtigerweise nur Sache der Wirtschaftsprüfer sein kann. Diese Wertfrage hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker &Tilly gutachterlich mit 10 Mio. EUR (Mindestwert) eindeutig entschieden.

Aufsichtsrat Ralf Nestler sieht sich damit in seiner Auffassung, der Wert der Anteile sei mit mindestens 10 Mio. EUR. zu bewerten, bestätigt und sieht damit auch eine dringende Handlungsverpflichtung aller Gremien, denen das Gutachten Baker Tilly vorliegt, das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anzuerkennen und die am 14.06.2017 seitens des Vorstandes und am 31.07.2017 seitens des Aufsichtsrates getroffenen Beschlüsse aufzuheben.

Obwohl der Senat den Antrag Nestlers folglich nur an der in der Literatur umstrittenen Rechtsfrage der persönlichen Anspruchsberechtigung scheitern lässt, verweist der Senat auf Seite 21 des Beschlusses auf eine Handlungsoption für die Mitglieder, sollten die Gremien wider Erwarten der Bewertung des OLG Celle nicht folgen:

„Ferner scheint, ohne dass dies im vorliegenden Verfahren zu entscheiden wäre, das Recht der Mitgliederversammlung auf Abwahl des Vorstandes nicht zwingend ausgeschlossen. Zwar wird der Vorstand nach § 15 Nr. 2 der Satzung des Antragsgegners durch Aufsichtsratsbeschluss bestellt und abberufen. Für die Mitgliederversammlung besteht aus wichtigem Grund auch dann die Möglichkeit, den Vorstand abzuberufen, wenn nach der Satzung ein anderes Organ für die Bestellung und den Widerruf zuständig ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage, § 27 Rn.2, str. a.A. Münchner Kommentar/Arnold, BGB 7.Auflage, § 27 Rn 28).“

Hieran wird deutlich, dass der Senat sehr wohl die Brisanz und Problematik des Falles vollumfänglich erfasst hat, aber die im Aktienrecht anerkannte Klagebefugnis eines einzelnen Aktionärs, nicht auf das einzelne Vereinsmitglied übertragen möchte.

Den Streitwert hat das Oberlandesgericht, nachdem dieser zuvor vom Landgericht auf 5.000.000,00 Euro festgesetzt wurde, auf 350.000,00 Euro für beide Instanzen festgesetzt. Nach diesem Streitwert berechnen sich nunmehr die Gerichtsgebühren.